Unternehmensengagement und die Ukraine-Krise

Engagement-Boom durch Ukraine-Krieg

Unternehmensengagement und die Ukraine-Krise (Cover)

Der Ukraine-Krieg hat bei den Unternehmen in Deutschland einen "Engagement-Boom" ausgelöst. Das zeigt die im März 2023 veröffentlichte, gemeinsame Studie von PHINEO und ZiviZ im Stifterverband anhand empirischer Daten und gestützt auf qualitative Interviews mit großen Unternehmen wie DHL, BMW oder Flixbus. Ob Geld-, Sach- oder Zeitspenden, Umsetzung eigener Projekte oder Unterstützung von Mitarbeitenden: Knapp zwei Drittel (64 Prozent) von knapp 80.000 befragten deutschen Unternehmen geben an, sich explizit im Ukraine-Kontext zu engagieren oder engagiert zu haben. Das betrifft vorwiegend große Unternehmen (81 Prozent), aber auch kleine und mittlere Unternehmen sind aktiv. Die Zahlen belegen, dass das Unternehmensengagement damit wieder das Niveau vor Corona erreicht hat.

"Viele Unternehmen haben nach innen wie nach außen Haltung gezeigt", so Julia Kaesemann von PHINEO, eine der Autorinnen der Studie. "Ob Mitarbeitende oder Top-Management: Allen war und ist persönliches Engagement in der Ukraine-Krise ein echtes Anliegen."

Der starke Anstieg des Engagements im Kontext der Ukraine-Krise ist demnach auf zwei Faktoren zurückzuführen. Zunächst führt die Tatsache, dass ein europäisches Land zum Kriegsschauplatz geworden ist, zu starker Betroffenheit. Gerade diese persönliche Betroffenheit auf allen Ebenen der Unternehmen hat dann zudem eine immense Hilfsbereitschaft hervorgerufen. Die Grenzen zwischen privatem und unternehmerischem Engagement werden unwichtig, weil nicht nur im Top-Management Hilfe-Maßnahmen beschlossen werden, sondern auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Engagement anregen. Der breite und überwältige Ansatz über Hierarchie-, Sektoren- und Landesgrenzen hinweg wurde damit zum beispielhaften Vorbild für gesamtgesellschaftliches Handeln in Krisensituationen.

Besonders beliebt ist Corporate Volunteering (CV), das ehrenamtliche Engagement von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern während oder außerhalb der Arbeitszeit. Neun von zehn (92 Prozent) der mittelgroßen und großen Unternehmen in Deutschland unterstützen diese Formate oder bieten sie aktiv an. In drei von vier Unternehmen engagiert sich bis zu ein Viertel der Belegschaft in solchen CV-Maßnahmen. Bei etwa einem Fünftel der Unternehmen engagiert sich sogar nahezu die Hälfte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

"Alle unsere europäischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben ein Kontingent von zehn Tagen bekommen, in denen sie sich als Freiwillige in der Krise engagieren konnten", berichtet Médard Schoenmaeckers, Global Head of Corporate Affairs der C.H. Boehringer Sohn AG & Co. KG.

In weiteren qualitativen Interviews berichten zudem Reinhard Staudacher, Senior Manager Internal & Change Communications, und Judith Trueper, Sustainability Relations (beide BASF SE), sowie Milena Pighi, Head of CSR (BMW AG), Christoph Selig, Head of Sustainability Communications and Programs (Deutsche Post DHL Group), und Patrick Kurth, Leiter Public Affairs (Flix SE), aus der Engagementpraxis ihrer Unternehmen.

FAZIT DER STUDIE

Unternehmen haben ihre Ressourcen schnell und professionell eingesetzt, um während der Ukraine-Krise wirksam zu helfen. Innerhalb kurzer Zeit wurden Millionen an Spendengeldern mobilisiert. Über Unternehmenskontakte oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind Unternehmen in vielen Regionen der Welt bestens vernetzt und haben Einblicke in die Situation vor Ort. Sie haben mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern viele Menschen, die sich kurzfristig mit Herz und Zeit engagieren wollen und – insbesondere die großen Unternehmen – verfügen über gewachsene und belastbare Partnerschaften mit internationalen NGOs.

"Unternehmen leisten mit ihrem Ukraine-Engagement einen starken Beitrag, der vielen Menschen konkret und spürbar hilft. Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft können die vielen Einzelengagements jedoch enger abstimmen, denn als Verantwortungsgemeinschaft lässt sich noch mehr Wirkung erzielen", fasst Dr. Holger Krimmer, Geschäftsführer von ZiviZ, die Erkenntnisse der Studie zusammen.