Discussion Paper
Abbildung und Analyse wichtiger Veränderungen zivilgesellschaftlicher Selbstorganisation sowohl auf der individuellen als auch auf der organisationalen Ebene ist Aufgabe der quantitativen sozialwissenschaftlichen Forschung und Berichterstattung. Aber gerade stark standardisierten Erhebungsinstrumenten, wie sie für die Survey- und Panelforschung üblich sind, kann eine solche Erfassung leicht misslingen.
Voraussetzung für eine bestmögliche Erfassung gesellschaftlicher Trends ist eine Indikatorik, die auf Grundlage qualitativer Forschung und theoretischer Reflexion kontinuierlich weiterentwickelt wird. Dieser Schritt ist beim Thema "digitaler Wandel im bürgerschaftlichen Engagement und in der Zivilgesellschaft" dringend notwendig.
Dieses Discussion Paper nimmt die Frage auf, wie eine konzeptuelle Fundierung und Entwicklung einer Indikatorik zum Thema des digitalen Wandels im bürgerschaftlichen Engagement aussehen kann. Da die Entwicklung des bürgerschaftlichen Engagements, insbesondere des digitalen Wandels im bürgerschaftlichen Engagement, nicht losgelöst von den organisationalen Kontexten verstanden werden kann, in denen Engagement stattfindet, wird auch die Ebene zivilgesellschaftlicher Organisationen in den Blick genommen.
Zunächst wird dazu ein einfaches Konzept von Digitalisierung und digitalem Wandel entwickelt. Der Kerngedanke ist, dass Digitalisierung nicht nur eine technische, sondern auch eine kommunikative Revolution darstellt. Neben der Entwicklung einer modernen digitalen Infrastruktur muss daher auch die Entwicklung aktueller digitaler Medien in den Blick genommen werden. Dann erfolgt ein knapper Abriss der bisherigen Forschung zum digitalen Wandel im bürgerschaftlichen Engagement. Anschließend wird eine Forschungsheuristik entwickelt, die versucht, die zentralen Dimensionen zu identifizieren, über die digitaler Wandel im bürgerschaftlichen Engagement abgebildet und analysiert werden kann. Hauptergebnis dieses Textes ist ein darauf aufbauender Vorschlag für eine themenbezogene Indikatorik.
Die in dem Paper vorgeschlagene Forschungsheuristik und Indikatorik kann nur ein erster Aufschlag für ein Thema sein, das sich in kontinuierlichem Wandel befindet. Soll der empirische Zugang um die Ebene zivilgesellschaftlicher Organisationen erweitert werden, müssten weitere Dimensionen hinzugenommen werden. Digitale Möglichkeiten der Mobilisierung organisationaler Ressourcen und neue Ansätze für organisationale Effektivität, also bessere Zielerreichung, wären sicher an erster Stelle zu nennen.
Die entwickelte Indikatorik ist zudem nicht dafür gedacht, ein vertiefendes Verständnis von Digitalisierungsprozessen in einzelnen Organisationen zu ermöglichen. Das zugrunde liegende Erkenntnisinteresse zielt vielmehr auf eine langfristige Erhebung und Erfassung von Prozessen digitalen Wandels auf Feldebene ab, das zugleich sensitiv für Risiken digitaler Exklusion sowie für Chancen der digitalen Integration ist und spezifische Anwendungsszenarien wie die Nutzung digitaler Instrumente in ländlichen Regionen in den Blick zu nehmen erlaubt.
Holger Krimmer:
Engagement im digitalen Wandel
Herausgeber: Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft
Erschienen im Mai 2020
Dieses Discussion Paper ist aus dem
Forum Zivilgesellschaftsdaten (FZD)
heraus entstanden.